Wellness im Mittelalter
Die Hafenwanderung
Die Glocke
Das Steinerne Kreuz
Weserstadion

Die Hafenwanderung

Durch Häfen zu wandern ist immer spannend, aber davon soll hier nicht die Rede sein. Häfen können selbst wandern, obwohl sie als gewaltige Komplexe aus Hafenbecken, Gebäuden, Maschinen und Verkehrsanschlüssen doch eher statisch wirken. Mindestens acht Stationen, die der Bremer Hafen zurückgelegt hat, kann man heute in und um Bremen sehen und anfassen.

Vom ersten Hafen sind allerdings nur noch Spuren übrig. Schilder im Pflaster deuten den Verlauf der Balge an, einem Nebenarm der Weser, der durch den Schnoor und entlang der heutigen Gasse Hinter dem Schütting verlief um kurz vor der Teehofbrücke wieder in die Weser zu münden. Im Mittelalter wurden rechtsbalgisch, Richtung Markt, die Schiffe be- und entladen, linksbalgisch, zur Weser hin, waren die Werften angesiedelt. Übersichtlich, aber irgendwann zu klein.

Schild "Balge"

Es ging raus an die Weser, zur Schlachte. Die heißt so wegen der als Kaimauer eingeschlagenen Pfähle. Wenige Jahrhunderte später konnten die Handelsschiffe auch hier nicht mehr herkommen. Die Weser war derart versandet, dass man im Sommer ohne Gefahr zur Neustadt rüberwaten konnte. Bremen reagierte so innovativ wie kurzsichtig: Im frühen 17. Jh. wurde in Vegesack das erste künstlich errichtete Hafenbecken Deutschlands eröffnet. Aber die Versandung ging weiter, schon bald mussten die Leichter, kleine flache Schiffe, auf die die Güter für Bremen-City umgeladen wurden, nicht in Vegesack, sondern in Elsfleth oder Brake an der Unterweser abfahren. Das kostete obendrein Zoll, der an die Oldenburgischen zu entrichten war. 200 Jahre später kam der Befreiungsschlag: Bremen kaufte dem Königreich Hannover ein paar Quadratkilometer Wesermündung ab und baute einen prima Tiefwasserhafen an der Außenweser. Dieser Bremer Hafen heißt Bremerhaven.

Alte Hafenimpression

Damit könnte die Geschichte fast zu Ende sein, wenn nicht Ende des 19. Jh. der Salto rückwärts gekommen wäre: Die Technik der Flussregulierung war ausgereift und die Bremer Kaufleute so reich, dass sie genügend Geld in die Hand nehmen konnten, um die Häfen heim ins traute Bremen zu holen. Das sind die stadtbremischen Häfen, jene, die gerade zugeschüttet worden sind (Überseehafen) oder zur Kulisse für Bürolofts hergerichtet werden (Europahafen). Dieses unrühmliche Ende bedeutet nicht, dass sie nicht Jahrzehnte lang floriert hätten. Und zwar so, dass sie vor 40 Jahren erweitert wurden: Der Neustädter Hafen ist heute noch in Betrieb, jedenfalls immer dann, wenn das auflaufende Hochwasser es einem Container-Giganten ermöglicht, mit einer Handbreit Wasser unterm Kiel bis Bremen durchzurutschen. Unschwer vorherzusagen: Auch das Projekt ist endlich. Also wieder Bremerhaven! Denkste! Die vierte Ausbaustufe des Containerterminals an der Stromkaje versperrt schon dem ersten Dorf hinter Bremerhaven den Blick aufs Wasser und grenzt knirsch an das Naturschutzgebiet Wattenmeer.

Da trifft es sich gut, dass einen Fluss weiter, bei Wilhelmshaven, die Außenjade bedeutend tiefer und das Naturschutzgebiet etwas weiter weg ist. Was nicht heißt, dass der Jade-Weser-Port, den Bremen und Niedersachsen dort 2008 zu bauen angefangen haben, nicht beträchtliche ökologische Risiken berge. Aber der vermeintliche Zwang, die deutsche Industrie mit überseeischen Maschinenteilen und die Welt mit deutschen Maschinen beglücken zu müssen wiegt da allemal schwerer. Wie’s weitergeht? Für Helgoland ist vor etlichen Jahrzehnten mal ein Hochsee-Monsterhafen projektiert worden – aber das ist eine ganz andere Geschichte …

Jade-Weser-Port (geplant)